Vieweg, Wolfgang: Management by Options. Eine Technik des Chancenmanagement.
Bad Kreuznach 2003 (BVmedia Selbstverlag), ISBN 3-00-011551-X,
broschiert, DIN A5, 320 Seiten, 22,00 EUR zzgl. 3,00 EUR Versand


MANAGEMENT by OPTIONS

– Kurzdarstellung der Methode –

Management by Options ist ein !wirklich! neues Erfolgs- und Manage­ment­konzept, das eine konse­quente konzeptio­nelle Weiter­ent­wicklung des Real­options­ansatzes darstellt. Die aktuelle Literatur, die sich mit dem Real­options­ansatz, etwa zur Bewer­tung von Investitions­projekten oder in Verbin­dung mit Unter­nehmens­akquisitionen, befasst, ist instru­mentell rechnerisch ausge­richtet und der neue Denk­ansatz, der dahinter steht, wird nur sehr rudimentär, wenn über­haupt, artikuliert, allenfalls ange­deutet.

Management by Options hingegen rückt diese neue Options-Denke in den Vorder­grund und macht diese explizit. Dabei kommen neuere Ansätze zu einem Chancen­manage­ment und die generellen Zweifel an einer über­zogenen Ziel-Orientierung hinzu. Das (Ent­schei­dungs-) Ver­halten von Managern, aber auch von einzelnen (Privat-)Personen, die auf Erfolg aus sind, ist in einer überaus kom­plexen und dynami­schen Welt wie der, in der wir heute leben und agieren, viel zu träge und inflexibel, wenn es an den herkömm­lichen Ziel(bildungs-)prozessen festhält. Manage­ment by Objectives (Ziel­manage­ment), wie es aller­orts in den Lehr­büchern beschrie­ben ist, und wie es auch in den Unter­nehmen (noch) gemeinhin propa­giert wird, genügt schon lange nicht mehr den Anforde­rungen unserer ‚flexiblen' Zeit. Dies haben die Menschen erkannt und verhalten sich, wenn man genau hinschaut, längst ganz anders, als es (noch) in den Lehr­büchern steht, als es (noch) die Erfolgs­gurus verkünden und als es formal in den Unter­nehmen (noch) rituali­siert ist.

Menschen wollen sich ausleben – im geschäftlichen/beruflichen wie auch im privaten Bereich – und dadurch aktiv ihrem Leben einen Sinn geben: Sie wollen – auch wenn das im Einzel­fall noch so bescheiden sein mag – ihre Chancen nutzen. Menschen sind bereit, dafür bestimmte, begrenzte Vor­leistungen – einfach auch mal ‚ins Blaue' hinein – zu erbringen, wenn sie damit eine Option auf besagte Chancen erlangen. Dabei spielen Ziele im herkömm­lichen Sinne keine Rolle. Ziele, die man sich irgend­wann einmal gesetzt hat oder die durch irgendwen oktroyiert worden sind, stehen einer konse­quenten Chancen­nutzung eher in Wege, als dass sie den Erfolg befördern könnten. Manage­ment by Options hingegen animiert, unablässig Chancen aufzu­spüren, kleine Vor­leistungen zu erbringen, um an ent­sprechende Optionen heran zu kommen, und wenn sich die aktuelle Situation insgesamt vorteil­haft entwickelt, wird der Options­halter die Option ausüben, um schließlich den Nutzen aus der betreffenden Chance zu realisieren. Andern­falls lässt er die Option verfallen... oder hält sie weiter, bis ggf. die Konstella­tionen günstiger sind.

Dies ist ein gänzlich anderes Verhaltens- und Erfolgs­paradigma, als es die über­kommene Ziel-Methode vorsieht. Im Rahmen der Ziel-Methode wird ein Ziel gesetzt und das wird dann auf Biegen und Brechen, mit voller Kraft, ange­steuert. Wenn man das Ziel verfehlt hat, dann wird ein Schuldi­ger gesucht. Wenn man das Ziel erreicht hat, dann lässt man sich feiern, und zwar egal, ob es zu diesem Zeit­punkt überhaupt noch Sinn macht, dieses Ziel realisiert zu haben, da die Rahmen­bedingungen möglicher­weise inzwischen bereits komplett andere sind. Außerdem werden bei allzu rigider Aus­richtung auf ein Ziel sich plötzlich auftuende Chancen möglicher­weise gar nicht wahr­genommen und außer Acht gelassen.

Bei der Options-Methode werden indes lediglich Optionen aufgebaut. Der Ein­satz an Vor­leistungen ist ungleich geringer, da es nicht gleich mit Voll­dampf aufs Ganze geht. Dadurch lassen sich auch die verfügbaren Mittel besser dosieren und viel besser streuen. Sehr vielfältige Optionen lassen sich zugleich aufmachen, die dann im weiteren Verfolg virtuos mitein­ander kombi­niert werden können. Das Miss­erfolgs­risiko wird so erheb­lich reduziert. Erst wenn eigentlich nichts mehr dazwischen kommen kann und wenn die übrigen Konstella­tionen weiterhin günstig sind und wenn die vermeint­liche Chance immer noch relevant und erstrebens­wert scheint, erst dann wird zugeschlagen und der (volle) ‚Basis­preis' entrichtet, um die Chance nun tatsächlich reali­sieren zu können. D. h. der Ent­scheider hält sich sehr lange – mit relativ kleinem Aufwand – immer mehrere Optionen offen, bleibt bis ‚zuletzt' (kurz vor der eigent­lichen Ent­schei­dung) flexibel, minimiert dadurch das jeder Ent­schei­dung inhärente Risiko und optimiert zugleich tendenziell sein Ergeb­nis; in einfach gelagerten Fällen lässt sich dies sogar mathe­matisch bele­gen. – Was dann schließlich sein wird, wurde jeden­falls nicht durch ein Ziel (vor-)bestimmt, sondern hängt vielmehr von den sich bieten­den Chancen, von den einge­leiteten bzw. erbrachten Vor­leistungen des Ent­scheiders und letztlich von dessen Sensi­bilität und Geistes­gegenwart ab.

Das klassische Erfolgskonzept besteht ja darin, eine Kette von Zielen vorzugeben, an der man sich dann entlang hangelt, bis man das anvisierte Ziel über diese Unter­ziele etappen­weise erreicht hat. In unserer heutigen komplex vernetzten und vola­tilen Zeit funktio­niert dieses unilineare Konzept aber nicht mehr. Bis in einem Unter­nehmen die Ziele der Geschäfts­leitung durch die Hierar­chie kommu­niziert und von den aus­führenden Mit­arbeitern verstanden und akzep­tiert worden sind, bis also die Ziele über­haupt Wirkung zeigen können, hat sich die Welt um uns herum natürlich weiter gedreht. Man steuert also methoden­bedingt chronisch der realen Ent­wicklung hinterher. Die Welt wartet nicht und richtet sich leider nicht nach unseren Zielen.

Bei Lichte betrachtet ist das Setzen von Zielen, das zur Zeit (noch) die Führungs­techniken beherrscht, reichlich unpro­duktiv und grenzt an Hybris, indem man unter­stellt, dass die Vor­gabe von Zielen den Erfolg befördern könnte. Niemand kann wissen, wohin letztlich der Zug fährt. Manager tun aber so, als wüssten sie es, und glauben, dass sie dafür bezahlt werden. Aber wie viele Schlachten sind schon verloren gegangen, weil die Strate­gie nicht stimmte, die Taktik nicht auf­ging, die Ziele und/oder der Zeit­punkt schlecht gewählt waren. Die Heere sind mit Mann und Maus unter­gegangen. Alles Helden! Das Setzen von Zielen ist „nur” eine Frage der Phan­tasie, der Krea­tivität und der Rhetorik. Und eine Frage der Macht. Wer die Macht hat, der nimmt sich raus zu sagen, wo's lang geht. Wenn man aber Erfolg haben will, ohne dass man zum (toten) Helden wird, ist es cleverer, wenn man, anstatt sich Ziele zu setzen, seine Optio­nen klug managt. Das hat dann mit Hybris nichts zu tun, das ist kein von der Real­ebene losgelöstes, abstraktes Meta­handeln sondern das geschickte Aus­nutzen des asym­metri­schen Chancen-Risiko-Profils dieses spezi­ellen Konstrukts. Manage­ment by Options ist mithin eine Technik des Chancen­manage­ment. Das Managen von Optionen geschieht stets in direktem und bewuss­tem Bezug zur opera­tiven Reali­tät und sichert im Rahmen der jeweiligen kontin­genten Möglich­keiten in einem unge­wissen und volatilen Kontext die Wahrung und letztlich die erfolg­reiche Umsetzung der sich eröffnenden Chancen.

Heutzutage muss man, will man Erfolg sichern, stets mehrere Eisen zugleich im Feuer haben, auf mehre­ren Klavieren zugleich spielen, auf mehreren Hoch­zeiten zugleich tanzen und mit möglichst vielen Bällen zugleich jong­lieren. Nur wer seine Optio­nen clever managt, der hat Aus­sicht auf Erfolg, wobei sich im vorhin kaum sagen lässt, was konkret den Erfolg aus­machen wird. Aber: Erfolg ist besser als kein Erfolg. Und: Erfolg ist Erfolg! So simpel ist das!!!

Besonders deutlich wird die &Üuml;berlegenheit der Options-Methode im Falle von Krisen oder bei einer einge­tretenen Kata­strophe. In einer Krise – und... Krise ist eigentlich immer! – spielen Ziele keine Rolle. Selbst­verständ­lich hat man das Ziel, möglichst schnell und unge­schoren aus der Krise heraus­zukommen, aber das ist trivial. Ent­scheidend sind jedoch die (kurzfristig) verfüg­baren Optio­nen und wie man diese akti­viert, kombi­niert und managt. Dies gilt auch bei persön­lichen Krisen. Auch in sol­chen Fällen muss man sich zuerst über seine Optio­nen klar werden und dann kann man weiter vorgehen.

Um zur Options-Methode umsteigen zu können, muss man zuerst das neue Kon­strukt (‚Optio­nen' statt ‚Ziele'), das dem neuen Para­digma zugrunde liegt, verstehen. Die Ziel-Methode wurde uns von klein auf ver­mittelt und steckt deshalb tief in uns. Man kann daher auch nicht einfach einen Hebel umlegen, sondern muss all­mählich in die Welt der Optio­nen über­wechseln. Man redet immer weniger über Ziele und immer mehr über Optio­nen. Letztlich sollte man das Wort ‚Ziel' ganz vermeiden. Das kommt einem am Anfang komisch vor, aber man merkt, dass es geht. Damit gelingt der Schwenk zur neuen Methode. Anstelle von Ziel­verein­barungen führt man dann Gespräche über den Bestand von Optio­nen oder über Optio­nen, die sich anbieten. Optio­nen eignen sich durch­aus als neues Führungs­konstrukt.

Die Empfehlung, in den Unternehmungen wie auch bei Entscheidungen im privaten Um­feld vom tradierten und weit­gehend internali­sierten Ziel­manage­ment abzugehen und statt­dessen auf ein Options-Manage­ment umzu­steigen, bedeutet m. E. eine Revo­lution, die insbe­sondere in den Unter­nehmen gewaltige, bislang durch offizielle Ziel­vor­gaben unter­drückte (Erfolgs-) Poten­ziale freisetzen wird. Alle Mit­arbeiter nutzen ihre Poten­ziale, schöpfen ihre Optio­nen aus. Sie schwär­men aus – ohne durch Ziel­vorgaben einge­engt zu sein, und versuchen, Kontakte zu machen und Geschäfte anzu­bahnen. Unter­nehmen (für Einzel­personen gilt das analog), die sich auf das Manage­ment by Options einlassen, werden einen Groß­teil ihrer bishe­rigen Behäbig­keit verlieren und fortan ausge­sprochen wendig und agil auftreten (können). Damit erlangen diese Unter­nehmen einen deut­lichen Wett­bewerbs­vorteil vor ihrer Kon­kurrenz, die ihre Pro­zesse etwa noch mit Hilfe von Zielen – wie ehedem – managt.

Management by Options führt zu etwas mehr Chaos, dafür hat man aber eine Führungs­methode, die adä­quater für unsere heutige schnell­lebige Situa­tion ist. Der Kom­plexität wird nicht primär mit Kom­plexitäts­reduktion begegnet, viel­mehr wird der Kom­plexität mit den ‚Optionen' (anstelle der ‚Ziele') ein Konstrukt mit einer etwas kom­plexeren Struktur entgegen­gestellt. Manage­ment by Options ist flexibler und weniger büro­kratisch. Man kann auf formale Budgets verzichten und damit gibt es im her­kömm­lichen Sinne auch kein Controlling mehr, was aber nicht heißen soll, dass man sich nicht auch weiterhin mit der Zukunft ausein­ander­setzen muss. Die Beschäfti­gung mit der Zukunft geschieht aber nicht mehr mit Hilfe formaler Budget und finaler Vor­gaben, sondern mit Hilfe von Prog­nosen, Folge­abschätzungen unserer Ent­schei­dungen (oder Nicht-Entschei­dungen) und mit What-If-Simula­tionen. In diese Rich­tung geht auch die Beyond Budgeting-Bewe­gung, die u. a. empfiehlt, mit ‚flexiblen Zielen' zu führen. Damit ist man in der Tat schon sehr nahe an der Options-Methode dran.

Es gibt Autoren, die sagen, dass uns gegenüber die Menschen in China und Indien (und in anderen Schwellen­ländern der Erde) einen funda­mentalen, nicht aufhol­baren Vorteil haben, denn sie sind von Kindes­beinen an trainiert, mit einem größeren Quan­tum an Chaos zurecht zu kommen. In unserer globalen, volatilen Welt ist das in jedem Fall ein gewal­tiger Vorteil. Wenn man das versteht, dann ahnt man auch, wes­halb kleine und mittel­große Unter­nehmen oft den Groß­konzernen über­legen sind. Es sind nicht nur die kürzeren Entscheidungs- und die direkteren Kommu­nikations­wege, sondern man hält sich in den KMUs nicht mit den weit­gehend brot­losen Ziel­ritualen auf, sondern managt schlicht seine Optio­nen und versucht, auf diese Art an den nächsten Auftrag zu gelangen. Auch Einzel­personen haben weder Zeit noch den Nerv, sich in Meta­hand­lungen der Ziele-Welt zu ergehen. Wer erfolgreich sein will, kann sich mit lang­wierigen strate­gischen Über­legungen nicht aufhalten. Es bringt ihm aber auch nichts, darüber zu lamen­tieren, wenn er ein ange­peiltes Ziel nicht erreicht hat. Darauf nimmt die Welt keine Rück­sicht. Jeder Einzelne von uns muss sich im Rah­men seiner kontin­genten Möglich­keiten, im Rah­men seiner Optio­nen, seinen eigenen Weg zum Erfolg und Glück bahnen. Das gilt in gleicher Weise für inter­agierende Gruppen und mithin für große Orga­nisa­tionen.

„Erfolg durch Management by Options„ ist kein Lehr­buch, und soll es auch nicht sein, aber es ist auch nicht unwissen­schaftlich. Es ist fundiert, aber dennoch ein­gängig und leicht geschrieben, denn es will damit ja eine !wirklich! neue Methode unter die Leute bringen. Manage­ment by Options ist in der Zeit, Manage­ment by Options ist „in”!


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